Wenn ich Ü40-Kundinnen beim Shoppen begleite, wundere ich mich darüber, dass sie in den Kollektionen der Modehersteller nicht vorkommen. Ein verschenktes Potential, schließlich waren Ende 2017 in Deutschland rund 58,9 Prozent der Frauen über 40 Jahre alt. Das bedeutet, dass die Mehrheit der Frauen nicht gezielt bedient wird. In diesem Blogartikel: Meine sieben Best-Ager-Wünsche an die Fashion-Welt.
„Ab 40 kannst du nackt mit Christbaumkugeln behängt auf dem Marienplatz herumstehen und keiner nimmt dich wahr“, sagte mal eine weise ältere Freundin zu mir. Ganz so empfinde ich es nicht, aber einige Frauen jenseits dieser Schallgrenze berichten mir, dass auch sie ab und an Momente des Verschwindens erlebten, die sie irritierend fanden.
Eines ist jedenfalls klar: Die Lebensmitte kann nicht nur so manche Beziehung, sondern auch den Kleiderschrank ganz schön durcheinanderwirbeln. „40 ist das neue 30, 50 ist das neue 40…“, heißt es. Unsere Kleidung soll attraktiv und sexy, aber nicht mehr billig, unbequem und schmerzhaft sein.
Wir Frauen Ü40 haben jede Menge Erfahrungen gesammelt und die gleiche Anzahl an Jahren noch mal vor uns. Egal, was uns die ganzen Models mit Super-Genen und Personal Trainer vorgaukeln: Älterwerden ist nichts für Feiglinge: Falten, Hitzewallungen, Wassereinlagerungen, Krampfadern, Haarausfall, graue Haare, Schlaflosigkeit, Erschöpfung – und das oft schon vor dem Aufstehen. Dazu kommen Stimmungsschwankungen und knirschende Knie, das ist nicht immer ein Vergnügen!
Und darum finde ich, dass die Mode-Branche uns das Leben erleichtern sollte, anstatt mit ihren undurchdachten – am Markt vorbei produzierten – Kreationen noch mehr in der Wunde herumzustochern und uns das Gefühl zu geben, dass wir nicht mehr zum Mainstream dazu gehören.
Das sind meine sieben Best-Ager-Wünsche an die Fashion-Welt:
- Länge: Viel zu viele hochwertige, businesstaugliche Kleider und Röcke sind leider zu kurz. Mit 20+ können wir die zwar tragen, aber noch nicht kaufen. Mit 40+ möchten wir sie dann zwar kaufen, aber nicht mehr tragen. Damit die erwachsene berufstätige Frau von heute nicht nur dekorativ herumstehen, sondern sich auch hinsetzen kann, sollten Kleider und Röcke mindestens bis knapp unters Knie gehen.
- Ärmel: Selbst mit durchtrainierten Oberarmen möchte manche reife Frau nicht mehr so „nackt“ unterwegs sein. Meine Kundinnen wünschen sich Kleider, die kleine bis ¾-Ärmel haben, die „Pralinentaschen“ und „Winkeärmchen“ verbergen.
- Stoffwunder: Was ist das für eine komische Idee, an elegante Tops und Kleider aus fließenden, wunderbar kaschierenden, Stoffen wie Satin, Chiffon oder Seide hinten ein T-Shirt dranzuklöppeln, das sich gnadenlos auf jedes noch so kleine Speckröllchen legt?
- Kurven: Ist es zu viel verlangt, dass wir uns Damenblusen wünschen, die nicht nur eine Kopie von Männerhemden sind, sondern Abnäher haben, die wirklich unseren Kurven entsprechen? Wir brauchen die Knöpfe da, wo unsere Brüste eine Wölbung verursachen, die dann unweigerlich aufklafft und eine unfreiwillige Einladung zum Spähen ausspricht, und nicht drüber und drunter.
- Dehnbar: Seit 55 Jahren gibt es nun elastische Textilien, doch die finden meiner Meinung nach immer noch viel zu selten Verwendung in weiblicher Alltagsbekleidung. Aber genau da gehören sie unbedingt hin – einfach in alles! Amöbengleich verändern jede Menge Frauen hormonbedingt Monat für Monat ihrer empfängnisbereiten Jahre ihre Formen. Sollen sie dafür wirklich noch zwei Kleider- und BH-Größen im Schrank haben oder sich mies fühlen, weil irgendwas kneift, das nach dem Zyklus wieder passt?
- Einstieg: Bitte bitte nicht an Reißverschlüssen sparen, denn wer Oberweite hat, passt zwar rein, kommt aber ohne diese oft nicht rein. So müssen wir so manches Mal Teile hängen lassen, die uns gut stehen würden.
- Glanz: Warum bedeutet „bequem“ so oft automatisch „glanzlos“? Schuhe zum Beispiel: Grobe Velours-Oberflächen in Schlammfarben mit klobigen Absätzen machen alt – wer will das schon? Und was sexy ist, ist in vielen Fällen schmerzhaft untragbar. Die wenigen Ausnahmen sind einfach nicht genug!
Wenn Sie Modedesigner oder -hersteller sind: Ich berate Sie gerne, damit Sie über die Hälfte der Frauen in Deutschland besser als Kundinnen adressieren können.
Und wenn Sie eine der Frauen sind, die verzweifelt nach guten Stücken suchen: Ja, es gibt diese Mode, die den Frauen Ü40 gut steht und passt. Doch man muss wissen, wo und von wem sie angeboten wird. Ich bin froh, immer wieder auf solche wertvolle Stücke zu stoßen und kenne gute Quellen für schicke und tragbare Kleider, Röcke und Hosen. Gerne helfe ich auch Ihnen, Ihre Wohlfühl-Kleidung zu finden – vereinbaren Sie einfach einen Termin.
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ADVANCED STYLE… oder „Keine Macht den Schlammfarben“
Warum Sie sich nicht von Kleider-Größen verrückt machen lassen sollten…
Liebe Jasmin, so wahr. Ich finde das eine super Idee, dass Du auch die Industrieseite berätst. Käme auf einen Test an! Ich bin sicher, dass sie staunen würden. Ich denke schon die ganze Zeit darüber nach, wer der richtige Partner wäre. Dieser Blogbeitrag sollte unbedingt in die W&V.
Otto, Zalando oder eine Designerin …
All die Punkte, die Du nennst, sind so wahr. Bleib‘ dran.
K
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Liebe Katharina, herzlichen Dank für dein positives Feedback! Du hast recht: Die großen Fashion-Vertriebe und -Plattformen wären von der Einkaufsseite her ein Anfang, doch noch besser wären die Hersteller selber, die einfach ihr Klientel nicht zu kennen scheinen. Ich jedoch bin bei den Leuten zu Hause, kenne nicht nur ihre Kleiderschränke, sondern auch ihren Lifestyle. Und da passt bei allem Überfluss an Angeboten die Klamotte selten dazu! Es ist ein bisschen wie beim Küchendesign: Ich habe den Eindruck, dass kein Küchen-Architekt jemals kocht 😉 Herzliche Grüße, Jasmin
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